Zauberei der Liebe
Liebchen fragte: „möchtest du
Wohl ein Zauberkleinod haben?“
Kindchen, sagt‘ ich, mustern wir
Der Magie geheime Gaben.
Liebchen setzte sich zu mir,
Und ich horchte auf zu ihr.
„Jener Deckel Fortunats
Wär‘ erfreulich, zu besitzen?“
Trautes Kind, was sollte mir
Wohl der Zauberdeckel nützen?
Hab‘ ich keinen rothen Knopf,
Liebst du doch mich armen Tropf.
„Schönheitswasser, Anmuthzier
Spendend dem Gesicht und Leibe?“
Herz, die Wäsche lass ich gern
Jedem alten, eitlen Weibe.
Schönheitswasser brauch‘ ich nicht,
Liebst du doch mein schnöd‘ Gesicht.
„Wählst vielleicht dir Rolands Schwert,
Stahl und Fels damit zu spalten?“
Gegen eine Welt von Erz
Will ich dich, vertheid’gend, halten.
Lieb‘ ist tapfer, kühn und scharf,
Zauberwaffen nicht bedarf.
„Karols Ring, der dich beliebt
Macht bei Jedermann auf Erden?“
Diesen woll’n wir suchen gehn,
Wenn du anfängst, kühl zu werden.
Siehst du mich nur freundlich an,
Frag‘ ich viel nach Jedermann?
„Faustens Mantel, weiß ich schon,
Würde dir zuletzt behagen!“
Um zu reiten durch die Luft?
Närrchen, welch ein thöricht Sagen!
Wer an deinem Busen liegt,
Ob der wohl von dannen fliegt?
Nein, ich will nur, was mir ward;
Lass die Wünsche! Lass sie kommen,
Wenn der Liebe schöner Brand
Ist im Herzen ausgeglommen;
Und ich kann schon zaubern, ich!
Horch, die Künste lehr‘ ich dich.
Bring‘ uns gleich in’s Paradies,
Seine Herrlichkeit zu nippen.
Jetzt merk‘ auf: neig‘ dich zu mir,
Gieb mir deine rothen Lippen;
Lass dein Köpfchen an mir ruhn,
Schließ die Augen, schließ sie nun.
Hörst du, wie die Palme rauscht?
Wie die goldnen Wellen springen?
Weht es nicht wie Blüthenduft,
Aufgewühlt von Bienenschwingen?
Leise drückt sie mir die Hand:
„Ja, wir sind im Zauberland!“ —
Karl Immermann