Trost-Lied
Zehnde von den Pierinnen,
Vierdte Charis dieser Zeit,
Andre Venus, laß den Sinnen
Keinen Fug zur Traurigkeit:
Die mit Threnen Saamen streuen,
Werden frölich Korn abmeyen.
Eine Heldinn hoch von Gaben,
Wie wir dich für Augen sehn,
Denckt, was Gottes Bücher haben,
Soll und muß gewiß geschehn.
Die mit Threnen Saamen streuen,
Werden frölich Korn abmeyen.
Den der Himmel pflag zu lieben,
David, Gottes beste Lust,
Ward bald hin, bald her getrieben,
Doch so war ihm wol bewust,
Die mit Threnen Saamen streuen,
Werden frölich Korn abmeyen.
Er schlug seine Feinde nieder,
Nahme Leut’ und Länder ein,
Kriegte Kron und Scepter wider
Und erfuhr es war zu seyn,
Die mit Threnen Saamen streuen,
Werden frölich Korn abmeyen.
Welches Scheuren voll schon ligen,
Meynt, er darff der Saat-Zeit nicht,
Lebt in Wollust nach Genügen,
Biß ihm Wein und Brod gebricht.
Die mit Threnen Saamen streuen,
Werden frölich Korn abmeyen.
Rosen geben durch die Dörner
Ihren angenehmen Schein;
Garben, haben sie zwar Körner,
Wollen doch gedroschen seyn.
Die mit Threnen Saamen streuen,
Werden frölich Korn abmeyen.
Stöcke muß man vor beschneiden,
Dann wächst erst die Traube wol,
Trauben müssen Pressen leyden,
Wann man Fässer legen soll.
Die mit Thränen Saamen streuen,
Werden frölich Korn abmeyen.
Edle Fürstinn, Ziehr der Jugend,
Jovis Haupt, Minerven Brust,
Klarer Spiegel aller Tugend,
Liebe diß, als wie du thust:
Die mit Threnen Saamen streuen,
Werden frölich Korn abmeyen.
Martin Opitz