Otto Ernst
Gedichte von Otto Ernst (1862 – 1926) voller Name: Otto Ernst Schmidt, deutscher Erzähler und ursprünglich Volksschullehrer.
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Noch eine Nacht und aus den Lüften
Herniederströmt das goldne Licht
Der wundersamen Weihnachtsfreude,
Verklärend jedes Ungesicht.
Und wieder klingt die alte Sage:
Wie einst die Lieb´ geboren ward,
Die unbegrenzte Menschenliebe
In einem Kindlein hold und zart.
Nun zieht ein süß erschauernd Ahnen
Durch Höhn und Tiefen, Flur und Feld.
Nun deckt geheimnisvoll ein Schleier
Des trauten Heimes kleine Welt.
Dahinter strahlt´s und lacht´s und flimmert´s
Und ist der süßen Rätsel voll,
Durch alle Räume weht ein Odem
Der Freunde, die da kommen soll.
Und draußen nicken Bäum´ und Büsche
So leis´ winterklarer Luft:
Die Kunde kommt, dass neues Leben
Sich wieder regt in tiefer Gruft.
Es knarrt die Eiche vor dem Fenster,
Sie träumt von langer Zeiten Lauf;
Da steigt wohl auch ein froh´ Erinnern
In ihre Krone still hinauf.
O weilt, ihr jugendschönen Stunden,
Verweile du, der Hoffnung Glück!
Vermöcht´ ich´s nur: mit allen Kräften
Der Seele hielt´ ich dich zurück.
Ihr süßen Träume es Erwartens,
Der Wunder und Gedicht voll,
Ihr seid noch schöner als der Jubel,
die Freude, die da kommen soll.
Von den Tannen träufelt Märchenduft;
Leise Weihnachtsglocken sind erklungen –
Blinkend fährt mein Hammer durch die Luft;
Denn ein Spielzeug zimmr‘ ich meinem Jungen.
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Auf dem Baum vor meinem Fenster
Saß im rauhen Winterhauch
Eine Drossel, und ich fragte:
»Warum wanderst du nicht auch?
Warum bleibst du, wenn die Stürme
Brausen über Flur und Feld,
Da dir winkt im fernen Süden
Eine sonnenschöne Welt?«
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