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    Heinrich Seidel



    Zitate, Gedichte von Heinrich Friedrich Wilhelm Karl Philipp Georg Eduard Seidel (1842-1906) deutscher Schriftsteller und Ingenieur.


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    Am Wege | Gedicht von Heinrich Seidel

    Wir wanderten am heissen Maientag.
    Zur Rechten blitzend lag ein See, und sonst
    In weitem Bogen ward das grüne Feld
    Von sonnbeglänztem Tannenwald umzirkt. –
    Ein Häuschen dort im hellen Obstbaumgrün,
    Ein Ackersmann der seine Furchen zog.
    Und hier und da ein Busch – das war die Landschaft.
    Wir sprachen mancherlei und achteten
    Des Weges wenig.
    Plötzlich sah ich auf:
    Sieh da, ein an des Gartens Rand
    Leicht an ein spärlich Bäumlein angelehnt,
    So stand sie da und blickte träumerisch
    Mit blauen in die blaue Ferne.
    Kaum sechzehn Jahr! Noch hatte diese holde
    Die frische jugendblühende Gestalt
    Zur vollen Fülle nicht sich ausgerundet.
    Auf ihrem Antlitz lags wie zarter Flaum
    Der unberührten Frucht. Allein die Augen,
    Sie wussten schon von mehr. Es träumte dort
    In ihrem halbverhüllten die
    Von süss geheimnissvollen Dingen schon.
    Sie blickte uns nicht an – nur in die Ferne.
    So schritten wir vorbei.
    Wie seltsam doch
    Traf dieser an mein Herz und weckte
    Dort süsse, längst verlorne Melodiien
    Aus einer schönren . Das Mädchen dort
    War meine . Ja, sie steht am Weg
    Und blicket mich nicht an und fragt doch still
    „Kennst du mich noch? Und weisst du wohl,
    Wie einst auch dir des Glückes Ahnung aufging,
    Und wie ein rosenrothes Meer der Wonne
    Vor deinen Augen lag?!“
    O goldne Zeit!

    Am Abend

    Sinkt der Tag in Abendgluthen,
    Schwimmt das Thal in Nebelfluthen.

    Heimlich aus der Himmelsferne
    Blinken schon die goldnen .

    Flieg zu Nest und schwimm zum Hafen!
    Gute Nacht, die will schlafen!

    Auf dem Anstand

    Im goldnen Abendscheine
    Ruht dämmernd das Gefild;
    Am Waldrand ruh‘ ich, wartend
    Auf gar ein lieblich Wild.

    Von Ferne ruft der Kukuk
    So heimlich rauscht der ,
    Es schwebt vor meinen
    Eine wunderschöne Gestalt.

    Die Büchse ruhet lässig
    In Gras und weichem Klee –
    Mich hat in’s Herz getroffen
    Selber ein schlankes Reh.

    Da rauscht es in dem Laube
    Von wunderleichtem Schritt: –
    Mein Rehlein kommt gesprungen, –
    Bringt neue mit.

    Verstummet ist der Kukuk,
    ruht des Waldes Rund –
    Vom senkt sich nieder
    Eine wunderselige Stund‘.

    Es alle ,
    Die Vöglein schweigen all,
    Im Rosenbusch alleine
    Singt noch die Nachtigall.

    Das Künstlerpaar | Gedicht von Heinrich Seidel

    Er:
    Du steigst empor, man jauchzt dir zu!
    Fast störts ein wenig meine Ruh,
    Denn Eines könnt ich nicht ertragen:
    Wenn du mich würdest überragen!

    Sie:
    Du bist mein und meine Wonne!
    Steig wie ein auf zur Sonne!
    Und lässest du mich weit zurück,
    Nur um so grösser wird mein Glück!

    Bescheidenheit: Philister mögen es gerne leiden, Wenn grosse Männer sind „bescheiden“; Doch könnt ihr mir glauben auf alle Fälle: Wer wirklich was leistet, der kennt seine Stelle! (Heinrich Seidel)

    Philister mögen es gerne leiden,
    Wenn grosse sind „bescheiden“;
    Doch könnt ihr mir auf alle Fälle:
    Wer wirklich was leistet, der kennt seine Stelle!

    Guten Morgen, liebe Großmama! Nimm dieses kleine Sträußchen da | Gedicht von Heinrich Seidel

    Guten Morgen, Groß!
    Nimm dieses kleine Sträußchen da.
    Es ist aus unserm Garten!
    Wir sollen fragen, wie es steht
    und wie es dir seit gestern geht,
    und solln auf Antwort warten.

    Und was ich sonst noch sagen sollt:
    Dass Mutter dich besuchen wollt
    heut Nachmittag um dreie.
    Und unser Karlchen, denk nur an,
    hat wieder einen neuen Zahn.
    Nun hat er ja schon zweie!

    Und als ich durch den Garten ging,
    ja, denke mal, was da wohl hing.
    Ich wollt es gar nicht !
    Ja, rat nur einmal, was ich fand:
    An deinem Weinstock an der Wand,
    da sind schon reife Trauben.

    Der verarmte Feinschmecker | Gedicht von Heinrich Seidel

    Die Trüffel reift in Frankreichs Gauen,
    verborgen in der schoß.
    Allein für mich, auf märkschen Auen,
    wächst die Kartoffel bloß.

    Es glänzt verlockend in der Sonne
    Böhmens Fasan mit hellem Schein …
    Für mich blinkt in des Krämers Tonne
    Ein Hering mager nur und klein.

    (1842-1906)




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