Ständchen aus der Ferne
Schlaf‘ süß! – es glüh’n die Sterne,
Und eisig ist die Nacht.
Ich hab‘ in weiter Ferne
Noch träumend dein gedacht;
Nun soll auf Geistesschwingen
Zu dir hinüberklingen,
Was mir die Nacht gebracht.
Dir träumt? – so träum‘, es zöge
Der Frühling wieder ein,
Und durch die Blätter flöge
Manch‘ singend Vögelein;
Im Garten aber spräche
Ich traut mit dir und bräche
Viel‘ Blumen, groß und klein.
Zwei Rosen reicht‘ alleine
Dir in der Hand ich hin,
Davon lichtrot die eine,
Schneeweiß die and’re schien‘;
Und zwischen ihnen glänzten
Die Blätter und umkränzten
Sie traut mit hellem Grün.
Ein Veilchen fügt‘ ich ihnen,
Wie´s frisch gestreut der Mai,
Und Nelken und Jasminen,
Verben‘ und Lilien bei,
Und an noch offnen Stellen
Das Grün der Imortellen
Und blaue Männertreu.
Noch eine Blum‘, noch eine
Müßt‘ ich als letzte weih’n,
Und dann sollt‘ keine, keine
Mehr in den Strauß hinein!
Vergißmeinnicht, die kleine,
O, nenn‘ sie stets die deine
Und denke liebend mein!
So träum‘, du Holde, Süße,
Träum‘, bis der Morgen lacht!
Viel tausend Liebesgrüße
Umschweben dein Bettlein sacht,
Träum‘, daß ich dein gedächte
Und dir das Liedlein brächte
Noch spät in kalter Nacht!
Will nun nach Hause gehen,
Wohn‘ in der Ferne weit, –
Und morgen sollst du’s sehen,
Was dich im Traum erfreut‘,
Dann sind geheimer Weise
Die Fenster dein ganz leise
Mit Blumen all‘ bestreut!
Johann Meyer