Nun scheint der Sommer immergrün
Nun scheint der Sommer immergrün,
Das ist ein Staub und ein Bemühn,
Als müsst er wiederkauend bleiben.
So ganz robust ist jetzt sein Treiben
Und alle Bäume sich beleiben.
Sie sind wie bürgerliche Wichte,
Denen das Dicksein eine Ehre.
Als ob man täglich sich verpflichte,
Dass sich’s Unendliche vermehre.
Doch Gott sei Dank, dass die Geschichte
Mit jedem Winter jäh sich wendet
Und sich das Dasein stolz verschwendet,
Und Leidenschaft nie satt verendet.
Dass Sonne wie Zigeunerblut
Alljährlich neue Torheit tut.
Und, in der Erde braunem Arm,
Die Engerlinge still und stumm
Schon träumen von dem Maigesumm,
Als nächster Maienkäferschwarm.
Max Dauthendey (1867 – 1918)