Kindergottesdienst
Es läuten zur Kirche die Glocken,
Die Eltern, sie gingen schon aus,
Drei Kindlein in goldenen Locken
Die sitzen noch unter dem Haus.
Die muntern unmüßigen Gäste
Sind noch für die Kirche zu klein,
Doch wollen am heiligen Feste
Sie fromm wie die Alten schon sein.
Hat jedes ein Buch sich genommen
Und hält es verkehrt auf dem Schoß,
Draus singen die Schelme, die frommen,
Mit schallender Stimme drauf los.
Weiß selbst noch keins, was es singet,
Singt jedes in anderem Ton;
Singt immer, ihr Kindlein, es dringet
Auch so zu dem himmlischen Thron.
Dort stehn eure Engel, die reinen,
Und singen dem Vater der Welt,
Der stets aus dem Munde der Kleinen
Am liebsten sein Lob sich bestellt.
Singt immer; da drüben im Garten,
Da singts in die Wette mit euch;
Die Vöglein sind es, die zarten,
Die zwitschern im jungen Gesträuch.
Singt immer; ihr singt im Glauben,
Das ist ja dem Heiland genug,
Ein Herz ohne Falsch wie die Tauben
Nimmt frühe gen Himmel den Flug.
Singt immer; wir singen, die Alten,
Und lesen die Schrift mit Verstand,
Und doch ach! wie hundertmal halten
Das Buch wir verkehrt in der Hand!
Singt immer; wir singen die Lieder
Nach Noten, so wie sichs gehört,
Und doch – vom Gezänke der Brüder
Wie oft wird der Einklang gestört!
Singt immer; aus irdischen Hallen
Der hehrste und herrlichste Chor,
Was ist er? ein kindliches Lallen,
Ein Hauch in des Ewigen Ohr!
Karl Gerok