Gott in der Natur
Es mahnt mich freundliche jede Kreatur:
O suche deines Schöpfers heil’ge Spur,
Erkenn seine ew’ge Lieb und Huld,
Empfang‘ die Wohltat und bezahl‘ die Schuld.#
Der Himmel spricht: „Ich bringe dir den Tag,
Dass rüstig Wirken dich erfreuen mag,
Und bist du müd‘, dann segn‘ ich deine Ruh‘
Und decke dich mit dunkeln Flügeln zu.“
Es spricht die Luft: „Ich will dein Odem sein,
Zu vollen Zügen trinke du mich ein,
Und wird am heißen Tag dir bang und schwül,
Ich fächle dir die Wangen wieder kühl.“
Das Wasser spricht: „Neig‘ deine Lippen mir,
Und einen frischen Trunk kredenz‘ ich dir;
Ich lade deine Flur bei mir zu Gast
Und treib‘ dein Rad und trage deine Last.“
Die Erde spricht: „Ich biete, was dir not,
Ich trage dich und kräft’ge dich mit Brot,
Ich rüste Fleisch und Frucht für dich zum Mahl
Und perlend glänzt mein Wein im Goldpokal.“
Ach! Alles ruft: „O sieh, wie Gott dich liebt,
Der dir die weite Welt zu eigen gibt,
Weil er in dir auf irdischem Gefild
Aus freier Liebe schuf sein Ebenbild.“
Mein Herr und Gott! dein‘ große Güt‘ und Treu‘
Wird über mir an jedem Morgen neu;
Lass meinen Dank dir wohlgefällig sein
Und mich mein Leben deinem Dienste weihn.
Julius Sturm