Ein Hochzeitsgedicht
Was schmückt ihr euch, ihr altergrauen Hallen,
Und mehr als sonst, und freudiger als je?
Sind neue Länder etwa zugefallen,
Gilts eines blutgen Sieges Lust und Weh?
Ein fürstlich Paar schwört heut sich ewge Treue:
Das war schon oft, worin liegt da das Neue?!
Und doch! In eure fürstlich hohen Mauern,
Von Redlichkeit bewohnt und Biedersinn,
Wo bei der Majestät gewaltgen Schauern
Noch Häuslichkeit erschien als Hochgewinn,
In Eintracht lebten angetraute Gatten,
Die früher kaum sich je gesehen hatten;
Ein neuer Gast ließ sich auf euch hernieder;
Die Liebe, der nicht jede Wahl genehm,
Die forscht und sucht auf leuchtendem Gefieder,
Nach Krone lüstern nicht und Diadem,
Die einen Strahl von Edens Glück gerettet,
Wenn sie den Jüngling an die Jungfrau kettet.
Das ist das Neue und das Segensreiche,
Drum ist auch unser Jubel voll und echt;
Das sich Gemäße spiegelt ab das Gleiche,
Setzt fort sich als ein blühendes Geschlecht,
Und in dem Feste, das wir froh bereiten,
Freun sich mit uns noch ungeborne Zeiten.
Franz Grillparzer