Die Sonne kommt
Willkommen, Ritter Morgen!
Vor deinem güldnen Haupt
Entfliehn die Wölfe Sorgen,
Die mir den Schlaf geraubt.
Der Fels vor meiner Klause
Starrt feierlich mich an.
Die Wipfel mit Gebrause
Wiegt unter mir der Tann.
Steingraue Wolkenwogen
Verhüllen noch das Tal.
Darob der Himmelsbogen
Matt leuchtender Opal.
Und aus dem Dunstmeer ragen
Die Riesenberge steil.
Ihr Stirnenglanz will sagen:
Ganz oben thront das Heil!
Nun blüht von Purpursonne
Das Nebelmeer wie Klee;
Und auch mein Gram ward Wonne,
Weil ich darüber steh.
Als Lerche schwebt mein Schauen
Hoch ob dem Erdennest
Durch selig freie Auen …
O Himmel, halt mich fest!
Bruno Wille
1860 – 1928
deutscher Prediger, Philosoph, Journalist und Schriftsteller.