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    Die Abendwinde wehen

    Die Abendwinde wehen,
    Ich muß zur Linde gehen,
    Muß einsam weinend stehen,
    Es kommt kein Sternenschein;
    Die kleinen Vöglein sehen
    Betrübt zu mir und flehen,

    Und wenn sie schlafen gehen,
    Dann ich ganz allein!
    »Ich hör ein Sichlein rauschen,
    Wohl rauschen durch den Klee,
    Ich hör ein Mägdlein klagen
    Von Weh, von bitterm Weh!«

    Ich soll ein Lied dir singen,
    Ich muß die ringen,
    Das Herz will mir zerspringen
    In bittrer Tränenflut,
    Ich sing und möchte ,
    So lang der mag scheinen,
    Sehn ich mich nach der Einen,
    Bei der mein Leiden ruht!
    »Ich hör ein Sichlein rauschen etc.«

    Mein Herz muß nun vollenden,
    Da sich die Zeit will wenden,
    Es fällt mir aus den Händen
    Der letzte Lebenstraum.
    Entsetzliches Verschwenden
    In allen Elementen,
    Mußt ich den verpfänden,
    Und alles war nur Schaum!
    »Ich hör ein Sichlein rauschen etc.«

    Was du mir hast gegeben,
    Genügt ein ganzes Leben
    Zum zu erheben;
    O sage, ich sei dein!
    Da kehrt sie sich mit
    Und gibt kein Lebenszeichen,
    Da mußte ich erbleichen,
    Mein Herz ward wie ein Stein.
    »Ich hör ein Sichlein rauschen etc.«

    Heb Frühling jetzt die Schwingen,
    Laß kleine Vöglein singen,
    Laß Blümlein dringen,
    Süß Lieb geht durch den Hain.
    Ich mußt mein Herz bezwingen,
    Muß alles niederringen,
    Darf nichts zu Tage bringen,
    Wir waren nicht allein!
    »Ich hör ein Sichlein rauschen etc.«

    Wie soll ich mich im Freien
    Am Sonnenleben freuen,
    Ich möchte laut aufschreien,
    Mein Herz vergeht vor Weh!
    Daß ich muß alle ,
    All Seufzen und all Sehnen
    Von diesem Bild entlehnen,
    Dem ich zur Seite geh!
    »Ich hör ein Sichlein rauschen etc.«

    Wenn du von deiner Schwelle
    Mit deinen Augen helle,
    Wie letzte Lebenswelle
    Zum Strom der Nacht mich treibst,
    Da ich, daß sie Schmerzen
    Gebären meinem Herzen
    Und löschen alle Kerzen,
    Daß du mir leuchtend bleibst!
    »Ich hör ein Sichlein rauschen,
    Wohl rauschen durch den Klee,
    Ich hör ein Mägdlein klagen
    Von Weh, von bitterm Weh!«

    Clemens Brentano






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