Der Fuchs und der Bock
Einst reiste Meister Fuchs zu einem seiner Schwäger,
Im schwülen Sommer, über Feld;
Es hatte sich zu ihm der Ziegenbock gesellt,
Der dumm und sicher war, wie viele Hörnerträger.
Ein Abweg führte sie vor eines Pachters Haus;
Da ward für ihren Durst ein Schöpfbrunn angetroffen.
Hier tranken beiderseits. Das heiß‘ ich recht gesoffen!
Hub Reinke bellend an, und zum vollkommnen Schmaus
Fehlt nur ein feister Hahn: der Hühnerstall steht offen;
Wie aber kömmt man hier heraus?
Mein Herr! darf ich den Anschlag geben,
So stellen sie den Rücken hin;
Sobald ich aus dem Brunnen bin,
Ist’s ihrem Diener leicht, sie schuldigst nachzuheben!
Ha! meckerte der Bock: nichts kann gescheidter sein.
Bei meinem Bart! mir fiel der Streich nicht ein.
Die klugen Köpfe sollen leben!
Hierauf bequemt er sich, und dienet ihm zur Brücke;
Allein der Fuchs läßt seinen Freund zurücke,
Und sagt: Vorjetzt entschuldge mich;
Mein Schwager wartet schon; sonst wollt‘ ich bei dir bleiben.
Dort jene Ziege guckt auf dich,
Sie wird dir unterdeß die Zeit recht wohl vertreiben.
Der Falsche rennt davon, und läßt mit scheelem Blick
Dem armen Bock nur diesen Trost zurück:
Sobald wirst du dich nicht des Rettens unterfangen,
Bevor du selbst der Noth entgangen.
Du murrest; fasse dich; der Mensch ist deiner Art:
Oft steckt sein Wissen nur im Bart.
Friedrich von Hagedorn