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    Das Spiegelbild

    Schaust du mich an aus dem Kristall
    Mit deiner Augen Nebelball,
    Kometen gleich, die im Verbleichen;
    Mit Zügen, worin wunderlich
    Zwei Seelen wie Spione sich
    Umschleichen, ja, dann flüstre ich:
    Phantom, du bist nicht meinesgleichen!

    Bist nur entschlüpft der Träume Hut,
    Zu eisen mir das warme ,
    Die dunkle Locke mir zu blassen;
    Und dennoch, dämmerndes ,
    Drin seltsam spielt ein Doppellicht,
    Trätest du vor, ich es nicht,
    Würd‘ ich dich lieben oder hassen?

    Zu deiner Stirne Herrscherthron,
    Wo die Gedanken leisten Fron
    Wie Knechte, würd‘ ich schüchtern blicken;
    Doch von des Auges kaltem Glast,
    Voll toten Lichts, gebrochen fast,
    Gespenstig, würd‘, ein scheuer Gast,
    Weit, weit ich meinen Schemel rücken.

    Und was den umspielt so lind,
    So weich und hülflos wie ein Kind,
    Das möcht‘ in Hut ich bergen;
    Und wieder, wenn er höhnend spielt,
    Wie von gespanntem Bogen zielt,
    Wenn leis‘ es durch die Züge wühlt,
    Dann möcht‘ ich fliehen wie vor Schergen.

    Es ist gewiß, du bist nicht Ich,
    Ein fremdes Dasein, dem ich mich
    Wie Moses nahe, unbeschuhet,
    Voll Kräfte, die mir nicht bewußt,
    Voll fremden Leides, fremder ;
    Gnade mir , wenn in der Brust
    Mir schlummernd deine Seele ruhet!

    Und dennoch fühl‘ ich, wie verwandt,
    Zu deinen Schauern mich gebannt,
    Und Liebe muß der Furcht sich einen.
    Ja, trätest aus Kristalles Rund,
    Phantom, du lebend auf den Grund,
    Nur leise zittern würd‘ ich, und
    Mich dünkt — ich um dich !

    Annette von Droste-Hülshoff






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