Auf das Wiedersehen einer Freundin
Schwebet nieder, holde Musen!
Lasst mir, Rosen blüh’n;
Gerne ruht an eurem Busen
Froh die Sängerin.
Lehret mich die Wonne schildern,
Die uns Freundschaft bringt;
Kommt mit euren Himmelsbildern
Liebevoll, und singt
Lob und Preis des Vaters Güte,
Die mit sanftem Ruf
In dem fühlenden Gemüte
Das Verlangen schuf,
Innig treu geliebt zu werden;
Denn an Freundes Hand
Tragen heiter wir Beschwerden
Durch der Prüfung Land.
O! auch mir strahlt Segensfülle
An der Freundin Brust;
Heut‘ nach langer Trennung Stille
Lacht mir neue Lust.
„Gleichgesinnte wiederfinden,“
Wer kennt den Genuss?
Jahrelange Leiden schwinden
Vor der Freundin Kuss.
Bitter sind des Abschieds Tränen,
Kummervoll geweint;
Eine Stunde stillt das Sehnen,
Die uns mild vereint.
Henriette! deine Liebe
Schafft den Himmel mir;
Scheint die dunkle Bahn mir trübe,
Licht verdank‘ ich dir.
Darum preise, meine Leier,
Jenen Augenblick,
Der des Wiedersehens Feier
Führte still zurück.
Luise Egloff