Arbeitergruß
Vom nahen Eisenwerke,
berußt, mit schwerem Gang,
kommt mir ein Mann entgegen,
den Wiesenpfad entlang.
Mit trotzig finstrer Miene,
wie mit sich selbst im Streit,
greift er an seine Mütze –
Gewohnheit alter Zeit.
Es blickt dabei sein Auge
mir musternd auf den Rock,
und dann beim Weiterschreiten
schwingt er den Knotenstock.
Ich ahne, was im Herzen
und was im Hirn ihm brennt:
»Das ist auch einer,« denkt er,
»der nicht die Arbeit kennt.«
»Lustwandelnd hier im Freien,
verdaut er üpp’ges Mahl,
indes wir darbend schmieden
das Eisen und den Stahl.«
»Er sucht den Waldesschatten,
da wir am Feuer steh’n
und in dem heißen Brodem
langsam zugrunde geh’n.«
»Der soll es noch erfahren,
wie es dem Menschen tut,
muß er das Atmen zahlen
mit seinem Schweiß und Blut.« –
Verziehen sei dir alles,
womit du schwer mich kränkst,
verziehen sei dir’s gerne:
du weißt nicht, was du denkst.
Du hast ja nie erfahren
des Geistes tiefe Müh’n,
und ahnst nicht, wie die Schläfen
mir heiß von Denken glüh’n;
Du ahnst nicht, wie ich hämmre
und feile Tag für Tag –
und wie ich mich verblute
mit jedem Herzensschlag!
Ferdinand von Saar