An ein Mädchen | Gedicht von Heinrich Seidel
Noch nicht mit Ihren Feuergluthen
Hat dich die Liebe angeweht;
Noch wallte nicht in wilden Fluthen
Dein Blut, das sanft die Pulse geht.
Noch ist kein Hauch von dem genommen,
Was ewig fehlt, dem, der’s verlor:
Doch wird auch dir die Stunde kommen,
Da hell die Flamme schlägt empor!
Dann sei es nimmer jene wilde,
Die keine Schranke brausend kennt!
Die schönre soll es sein, die milde,
Die auf dem Heerd des Hauses brennt!
..............................................
- An meine Königin | Gedicht von Heinrich Seidel Ich flocht dir eine KroneVon Lindenlaub in’s Haar,Und du auf grünem ThroneRegiertest wunderbar. Es war dein lieblich ScepterEin lichter Blüthenzweig –Es kniete dir zu FüßenDein Unterthan im Reich. Wie dien‘ ich dir so gerne –Wie milde ist dein Sinn –Wie lieblich ist dein Herrschen,Du holde Königin. Heinrich Seidel...
- Auf ewig! armes Wort im Menschenmunde | Gedicht von Heinrich Seidel Ich weiss ein Grab, vergessen und allein –Aus alter Zeit ist es zurückgeblieben –Verwittert – moosbedeckt der schwere Stein. Und eine Schrift ist in den Stein getrieben:„Auf ewig ist dies Grab erkauft, und nimmerDarf man es öffnen!“ also stehts geschrieben. Ich fand es jüngst, als ich im AbendschimmerEinherging träumend...
- Das Künstlerpaar | Gedicht von Heinrich Seidel Er:Du steigst empor, man jauchzt dir zu!Fast störts ein wenig meine Ruh,Denn Eines könnt ich nicht ertragen:Wenn du mich würdest überragen! Sie:Du bist mein Licht und meine Wonne!Steig wie ein Adler auf zur Sonne!Und lässest du mich weit zurück,Nur um so grösser wird mein Glück! Heinrich Seidel...
- Am Morgen | Gedicht von Heinrich Seidel Da ich schlafen ging mit Sorgen,Bin ich frohen Muths erwacht –Rosig blüht der junge MorgenAus dem dunklen Kelch der Nacht. Was mich gestern wollte kränken,Scheint mir heut gering und klein,Da mich lehrte anders denkenMorgenroth und Sonnenschein. Was das Dunkel mir verborgen,Leuchtet jetzt in goldner Pracht –Rosig blüht der junge...
- Das Menschenherz | Gedicht von Heinrich Seidel So lieblich ist keine Frühlingsnacht,So heiss kein Sommertag gemacht,Kein Herbst so reich, kein Winter so streng,Keine Welt so weit, kein Oehr so eng,Kein Flaum so weich, so hart kein ErzWie du, vielfältig Menschenherz! Heinrich Seidel...
- Beim Nähen | Gedicht von Heinrich Seidel Du warst bei’m Näh’n nicht auf der HutUnd stachst dein rosig Fingerlein –Da steht ein rundes Tröpfchen BlutAls wie ein rechter Edelstein. So wünsch‘ ich dir, wenn einst dein HerzVon bittren Leiden wird verwundet,Daß sich wie hier aus herbem SchmerzDes Glückes schöne Perle rundet. Heinrich Seidel...
- Der verarmte Feinschmecker | Gedicht von Heinrich Seidel Die Trüffel reift in Frankreichs Gauen,verborgen in der Erde schoß.Allein für mich, auf märkschen Auen,wächst die Kartoffel bloß. Es glänzt verlockend in der SonneBöhmens Fasan mit hellem Schein …Für mich blinkt in des Krämers TonneEin Hering mager nur und klein. Heinrich Seidel (1842-1906)...
- Das schlafende Mädchen | Gedicht von Heinrich Wilhelm von Gerstenberg Schlummre, schlummre sanft, o Schöne!Stöhrt sie nicht, der Nachtigallen Töne!Sterblich ist sie nicht: ach nein!Eine Göttinn muß sie seyn.O ich will auf diesen AuenGleich ihr einen Altar bauen;Weihrauch will ich auf ihn streun:Ja! sie kann nicht sterblich seyn.Aber wenn sie nun erwachet;Freundlich diese Wange lachet –Armes Herz! wie wird...
- Bei Goldhähnchens | Gedicht von Heinrich Seidel Bei Goldhähnchens war ich jüngst zu Gast!Sie wohnen im grünen FichtenpalastIn einem Nestchen kleinSehr niedlich und sehr fein. Was hat es gegeben? Schmetterlingsei,Mückensalat und GnitzenbreiUnd Käferbraten famos –Zwei Millimeter groß. Dann sang uns Vater Goldhähnchen was,So zierlich klang’s wie gesponnenes Glas,Dann wurden die Kinder besehn:Sehr niedlich alle zehn! Dann...
- Der Buchfink | Gedicht von Heinrich Seidel In den grünen BuchenhallenWandre ich vergnügt und froh,Und von allen Wipfeln schallenHör ichs ebenso,Ueberall nur ein Getön:„Trallala, die Welt ist schön!“ Giebt es Kummer? Giebt es Sorgen?Ach, ich weiss es gar nicht mehr,Schreit ich so am FrühlingsmorgenFrisch und froh daher,Wenn es klingt vom grünen Zelt:„Trallala; schön ist die Welt!“...
Ähnliche Texte: