An ein Kind
Du wirst nicht lange mehr ein Freund der Dinge sein,
schon reckt sich steil Gleichgültigkeit empor
und dunkelt in das Lichtfeld deines Ichs hinein,
Bald wirst du sinnen: Ach, was ich verlor!
Wie gab sich mir der Wesen tiefstes Sein,
als ich noch durch ein immer offnes Tor
in einen Garten trat und einen bunten Stein
zu meinem Spielgefährten auserkor.
Warum ist alles nun so still um mich,
alles so lauttot, kaum horchbar meinem Lauschen?
Der Falter, der soeben baumzu strich,
will nicht, wie einst, ein Grußwort mit mir tauschen.
Und alles, was ehmals ein sanftes Rauschen
in mir erweckte und nicht von mir wich
und oft der Mutter Zärtlichkeiten glich:
Des feinen Sandes Rinnen durch die Hände,
der Halme Tasten auf dem Grasgelände,
der Schnecke Flucht auf meines Armes Fläche,
das Fischehaschen in dem Spiel der Bäche,
das frohe Schaun nach eines Drachens Ferne
das Fürstsein in dem Reich papierner Sterne. –
O, alles lächelt kalt: Nichts mehr für dich!
So wirst du klagen, doch als braves Kind
dich, fern dem Spiele, über Bücher bücken,
die voll der mörderischen Lügen sind
und dich weit weg von echtem Leben rücken,
das du betasten wirst, taub, zungenlahm und blind.
Alfons Petzold