An den Mond
Lieber Mond, du scheinest wieder
In mein stilles Thal hernieder;
Aber ach! mein Auge weint
Um den fernen Herzensfreund!
Schwermutsvoller wallt und trüber
Mir die Stunde jetzt vorüber,
Da er hier mich einst entzückt
An sein klopfend Herz gedrückt.
Unter welchen Seligkeiten
Sah ich dich vorübergleiten!
Schöner lachte dein Gesicht
Keinem Mädchenauge nicht.
Leiser lispelten die Lüfte,
Süßer dufteten die Düfte,
Heller funkelte der Tau
Auf den Blumen dieser Au.
Aber ach! hinweggeschwunden
Sind die schönsten aller Stunden!
Ach! im fernen Thale weint
Meinethalb der süße Freund!
Ach! Er weint, und denkt der Stunden,
Die mit mir ihm hingeschwunden!
Doch, o Herz, gedulde dich!
Deinethalben härmt er sich!
Johann Martin Miller, 1773