Herbstgedanken – Herbstgedicht von Johanne Juliane Schubert (1776-1864)
Heilig-schaudernd, wie durch Grabgefilde,
Sterbende Natur!
Wall ich über deine Leichen
Hin, auf öder Flur.
Hingesä’t zum fröhlichern Erwachen
Wird des frommen Staub;
Und, in Pflanzen neu zu blühen,
Stirbt das bunte Laub.
Dumpfe Todtenstille herrscht im Haine
Bis der nahe Sturm
Ihn durchrauscht – so rauscht der Glocke
Grabgesang vom Thurm.
Hier von Tod und Sterblichkeit umgeben,
Denkt die Seele nach;
Einst erwartet meine Hülle
Auch ein Schlafgemach.
Allgemach verschwindet auch mein Frühling,
Wird vorüber wehn;
Schwüler sind des Sommers Tage,
Nur am Abend schön. –
Süß und lieblich ist die Ruh dem Wandrer;
Süßer noch das Grab
Dem, der seine Tage nützet,
Die sein Gott ihm gab.
Wenn, wie jetzt den sterbenden Gefilden,
Auch mein Herbst erscheint,
Und wenn dann bei meiner Baare
Noch die Freundschaft weint,
Wenn an meinem offnen Grabeshügel
Fromme Dankbarkeit
Mir, weil gern ich Freuden schaffte,
Still ein Thränchen weiht.
Dann, wie ruhig schlummert sich’s im Grabe;
Gott! mein Vorsatz sey:
Würdig dieses Glücks zu leben,
Jeder Tugend treu.
Erndten wird einst Seligkeit der Fromme;
Ewig glücklich seyn;
O die Saat, gesä’t am Grabe,
Wird uns einst erfreun!
Johanne Juliane Schubert (1776-1864)