Der heilige Gesang
Weih‘ unsre Lippen, Geist des Herrn!
Vernehmen laß das Ohr von fern
Der Überwinder hohes Lied!
Von Lieb‘ und Dank und
Sehnsucht glüht Das volle Herz.
Wir blicken auf zu jener Schaar,
Die, nun verklärt, einst sterblich war.
In ihres Kampfes heißem Drang
Erhob Gebet sie und Gesang
Zu kühnem Muth.
Auch unsre Seelen hebt der Chor
Des Helligthums vom Staub‘ empor,
Wenn heil’ger Lieder Allgewalt
In Gottes Tempel wiederhallt,
Empor zum Thron.
Erwacht, Gesänge! singt dem Herrn!
Es tönt sein Lob von Stern zu Stern.
Bey aller Wesen Harmonie
Verstumm‘ auch unsre Lippe nie
Von seinem Ruhm.
Preist unsern Vater, preist den Sohn‚
Ertönt von des Vollenders Lohn!
Sein ist die Herrlichkeit, die Macht,
Sein ist das Reich;
er hat’s vollbracht, Hat uns erlös’t.
Singt, Chöre, von dem ew’gen Heil!
Dem Treuen wird es dort zu Theil.
Ein selig Vorgefühl durchdringe
Ihr Herz, wenn der Gesang erklinge
Vom ew’gen Heil.
O süße Wehmut, heil’ge Lust,
Wie stärkst, wie reinigst du die Brust!
Mit Kraft von oben angethan
Schickt sie zu jedem Kampf sich an,
Des Siegs gewiß.
Des Lebens Schmerz, sein treulos Glück
Flieht vor dem Ewigm zurück;
Ein unaussprechliches Gefühl
Verkündet uns die Ruh am Ziel,
Des Himmels Ruh.
So töne heiliger Gesang,
Wie er in Zions Harfen klang,
Bis, wenn der Mund sich sterbend schließt,
Sein letzter Ton hinüberfiießt
Zum hohem Chor!
August Hermann Niemeyer