Abend-Hymnus im Anschauen der Natur
Dem heil’gen Urquell der Naturen
Ertön‘ ein feyernder Gesang!
Ihn preisen Berg und Thal und Fluren;
Und ihm verstummte nur mein Dank?
Schaut, wie der Mond im Lichtgewande
Durch jene Silberwolken wallt!
Hört, wie von dem beblümten Strande
Des Baches Lispeln wiederhallt!
Durchschaure meinen Geist, o Stille
Der ringsum seyernden Natur!
Schon fühlt er leichter seine Hülle,
Erblickt des Unerforschten Spur.
Er wohnt nicht hier, Er wohnt nicht droben;
Sein Raum ist die Unendlichkeit.
Doch fühlt das Herz sich hoch erhoben,
Und ahndet Seine Herrlichkeit.
Einst schwing‘ ich mich in jene Fernen;
Der Sinne dunkle Hülle fällt.
Dann wandl‘ ich unter lichten Sternen,
Ein Bürger einer neuen Welt.
Auf ungekannter Wesen Leiter
Steigt höher dann der Geist empor,
Ermüdet nicht, dringt muthig weiter,
Gesellt zu sel’ger Geister Chor.
Flieht hin, Aeonen auf Aeonen!
Nie komm‘ ich an des Forschens Ziel.
Von Allen, die an Gräbern wohnen,
Kam keiner an des Forschens Ziel;
Nicht Einer, den zum höhern Leben
Des Schöpfers Machtwort eingeweiht.
Doch ohne Rast ihm nachzustreben;
Ist ew’ger Geister Seligkeit.
August Hermann Niemeyer