Die Liebe saß als Nachtigall
Die Liebe saß als Nachtigall im Rosenbusch und sang;
es flog der wundersüße Schall den grünen Wald entlang.
Und wie er klang, da stieg im Kreis aus tausend Kelchen Duft,
und alle Wipfel rauschten leis‘, und leiser ging die Luft;
die Bäche schwiegen, die noch kaum geplätschert von den Höh’n,
die Rehlein standen wie im Traum und lauschten dem Getön.
Und hell und immer heller floß der Sonne Glanz herein,
um Blumen, Wald und Schlucht ergoß sich goldig roter Schein.
Ich aber zog den Weg entlang und hörte auch den Schall.
Ach! was seit jener Stund‘ ich sang, war nur sein Widerhall.
Emanuel Geibel