Das wahre Glück des Lebens
Wo finden wir das wahre Glück des Lebens?
In eitler Lust und Freude dieser Welt?
Da sucht man es, und doch so oft vergebens,
Weil es im Stillen keine Wohnung hält.
Im Herzen nur, das schwachen Tand verlacht,
Blüht diese Blume mit erhabner Pracht.
Ja! ganz entfernt vom lärmenden Getöse
Lebt man so froh und fühlt ein stilles Glück;
Im Weltgetümmel schlummert nur das Böse,
Es drängt der Tugend hohen Reiz zurück:
Man wähnt sich glücklich, doch die Zukunft zeigt,
Dass nur zu bald des Wahnes Licht sich neigt.
Ist’s eine Kunst, das Mittel zu erringen,
Wodurch man sich so froh und glücklich macht?
Kann nicht der Mensch mit Stärke sich bezwingen,
Da doch Vernunft an seiner Seite wacht?
Sie flüstert leis der schwachen Seele zu:
„Schwing dich empor, dann fühlst du Himmels-ruh!“
Wo strahlet nun ein wahres Glück hienieden?
Liegt nicht in uns des Lebens frohe Lust?
Tief in der Seele blüht der reinste Frieden;
O lebt‘ er doch in jedes Menschen Brust!
Dann fühlten alle, dass kein leerer Wahn
Das höh’re Licht in uns verdunkeln kann.
Luise Egloff