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    Am Ufer des Stromes

    Graulockig ein Mann und ein blonder Kam’rad
    Spazieren an fließenden Wassers Gestad’;
    Der Ältere kehrt sich zum Jungen und spricht:
    “Was schneidest du für ein betrübtes ?”

    “Lieb fand ich ein und hab’ ihm’s gesagt,
    Sie flüstert ein Nein, kaum dass ich gefragt,
    Und alles im Nu – nun beklemmt’s mir die Brust,
    Dass Herz ich und nicht zu halten gewusst!”

    Und jener erwidert: “Des Fährmanns Magd
    Siehst du, die über dem Strome ragt,
    Gering und arm und der Zierde bar,
    Und siehst auch mein ergrauendes Haar?

    Befiel’ mich ein Fünklein Lieb’ zu ihr,
    Laut rief ich es von der Stelle hier,
    Rief’s laut in der Wellen rauschenden Gang,
    Mich dünkt’ es der allerschönste !

    Leicht schlug mir in meiner das Herz,
    Und müssig schweifte der Blick allwärts;
    Rasch hab’ ich so manches Geständnis gemacht,
    Die ein’ hat geweint und die andre gelacht.

    Bei einer nur hab’ ich das Wörtchen verschluckt,
    Wie sehr es auch sterbend im Busen gezuckt;
    Ich , sie ahnt’ es und lächelte fein,
    Doch wusst’ ich nicht, sang’s in ihr Ja oder Nein.

    Der Sommer war warm und der Winter kalt,
    Die Zeit verging und wir wurden alt;
    Als ich zum letztenmal sie sah,
    Lag sie im Leichenschmucke da.

    Fest waren die Augen zugetan,
    Sie schauten nicht mich, noch die Welt mehr an;
    Doch auf dem Munde bleich und tot,
    Da lächelt’s noch leise wie ein Spott.

    Mir lispelt’s im Ohre: “O träger Mann,
    Der so mit Worten geizen kann!
    Du hattest den Schlüssel zum seligen Haus,
    Wo die hinein und hinaus!

    Du hattest den Schlüssel zum goldenen Schrein
    Für alle zwei beide, nun lieg’ ich allein!”
    Da donnert die Orgel, da psaltert der Chor,
    Und sie trugen hinaus, was ich verlor!”

    Gottfried Keller






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